Chercher le bonheur sans écraser les autres.

Dem Blog liegt meine subjektive Wahrnehmung zu Grunde - ich werde mein Bestes geben, um keine Stereotype und Klischees zu bedienen. Doch kann ich hier nur ein begrenztes Bild von Kamerun wiedergeben und spreche keinesfalls für ganz Afrika... N'oublions pas la diversité!

Samstag, 20. Juli 2013

A trip to nowhere, The first white man in Mbio Oder auch meine Entdeckung eines kamerunischen Village


(Entschuldigt mich bitte fuer die lange Funkstille, ich kann das nur mit meinem kaputten Laptop und dem Busy Sein der letzten Tage in Kamerun rechtfertigen, also ASHIA!) 

10 Tage vor meiner Abreise werdet Ihr Euch sicher fragen, was ich Euch den noch so spannendes, neues mitzuteilen habe, wo ich doch schon fast ein ganzes Jahr hier verbracht habe und auch meine letzten Blogeintraege eher von meinem alltaeglichen Leben in Kamerun handelten…
Tjaa, eine letzte spontane Reise ist der Anlass. Denn kurzerhand hat mich der unbaendige Drang gepackt ein bisschen Familie meines kamerunischen Freundes kennenzulernen und auf der anderen Seite auch ein typisches village Kameruns zu erleben und erfahren. 

Was macht denn eigentlich das village hier aus und warum ist es nicht einfach ein Dorf in unserem westlichen Sinne? Vor allem die letzte Frage ist nicht ganz einfach zu beantworten. Fest steht aber, dass das village hier eine ganz andere Bedeutung zu haben scheint, als es Doerfer in unserem Gebrauch haben, weshalb ich zur Differenzierung lieber den englischen Begriff weiterverwenden moechte. Jeder hier, und wenn ich jeder sage, dann meine ich auch wirklich alle 20,6 Millionen Einwohner dieses Landes, kommt aus einem bestimmten Village. Das muss nicht unbedingt bedeuten, dass du dort jemals gelebt hast, oder geboren wurdest, aber durch deine Vorfahren, die sich in diesem Village niedergelassen hatten, bevor es zur Urbanisierung kam, hast du einen festen Bezug zu diesem Ort und wirst ihn auch immer haben. Alle deine Nachfahren werden diese Verbindung ebenso weiterfuehren, vor allem wenn du ein Mann bist, denn die Frau zieht ins Village ihres Gatten nach.
Interessant ist auch die Regelung der Landesvergabe. Denn wenn deine Familie einmal zu einem village gehoert, so hast du das Recht, in diesem Dorf zu bauen, sofern du ein freies Stueck Land findest. An Bezahlen denkt da niemand, denn du gehoerst zu dem village so sehr, wie es auch dir gehoert. Praktisch ist es demnach, wenn man Elternteile aus zwei unterschiedlichen Villages hat, die beide Haeuser in ihren eigenen Gebieten fuer die Kinder hinterlassen. 

Wenn ich auf den Touristenmaerkten wie zum Beispiel in der Industrie und Hafenstadt Douala aus Sicht des Haendlers zu stark versuche die exorbitanten Whiteman Preise herunterzuhandeln, dann habe ich schon mindestens 5x den Satz  gehoert So you want to send me back to my village? Auch wenn der Satz nicht ohne ein Schmunzeln auf dem Gesicht ausgesprochen wird, ist doch etwas ernstes dran. Denn nur wer Geld hat kann es sich leisten in der modernen Stadt (im besten Fall Grossstadt zu wohnen). Ausser den Grosseltern lebt keiner mehr freiwillig in der laendlichen und abseitsgelegenen Umgebung der villages. Die Strassen dort und dahin sind so schlammig und uneben, da sie noch nie aspaltiert wurden, dass man fuer 200 km in der Regenzeit (ja, ich hatte mir natuerlich die beste Reisezeit fuer diesen Trip ausgesucht) an die 10 Stunden brauchen kann und die Preise sich im Vergleich zur Trockenzeit nahezu verdreifachen. Dazu kommt, dass man in den Doerfern auf jeglichen Standard verzichten muss. Es gibt keine Elektrizitaet, und die Schulbildung fehlt oder ist nur bedingt unter sehr widrigen Umstaenden moeglich, da es ca. eine Grundschule pro 5 bis 10 villages (was stundenlangen Schulweg oder eben den Verzicht auf Schule ausloest) gibt, von Secondary School ganz zu schweigen, dafuer muss man dann schon sehr viel Glueck haben und bei reicheren Verwandten in der naechstgroesseren Stadt unterkommen. Selbst wenn diese Bedingungen erfuellt sind, so fehlen dann meist die Mittel Schulmaterialien etc. zu kaufen, um dem Kind eine ausreichende Bildung zu ermoeglichen. Auch ist der Lebensunterhalt so kritisch, dass das Kind als Arbeitskraft auf dem Feld mithelfen muss oder anderweitig durch Handeln an Geld gelangen soll (hierzu will ich aber kein generelles Bild vermitteln, da ich dafuer viel mehr Doerfer zum Vergleich haette kennenlernen muessen).
Waehrend man in Deutschland in fast jedem noch so kleinen Dorf einen Lebensmittelladen finden wird, gibt es im kamerunischen village meist nur die eigene Farm, die eben das hervorbringen muss, wovon man sich ernaehren will. Natuerlich gibt es noch den Tausch unter der Einwohnern, sodass nicht alle alles anbauen muessen, aber auf viele Grundnahrungsmittel muss verzichtet werden. Obwohl die Rentnergeneration Kameruns fuer ihren Alkoholkonsum bekannt ist, findet man auch nicht in jedem village eine Bar (in unserem Fall musste man bis ins ueberuebernaechste village, zweieinhalb Stunden Fussweg laufen, um eventuell, bei guter Handelszufuhr ein Bier zu ersteigern). 

Vielleicht schreibe ich Euch mal eine Liste mit den Dingen, die es in unserem Dorf, Mbio, nicht gibt (man koennte die Liste natuerlich noch elenlang fuehren, hier geht es jetzt aber nur ums Notwendigste) und die wir daher der Familie meines Freundes Tambe mitgebracht haben.
·         Zahnbuerste und Zahnpasta
·         Seife (Koerper und Waesche)
·         Reis
·         Tomaten
·         Milchpulver
·         Tee
·         Maggi
·         Salz
·         Oel (im Dorf gibt es nur das sehr geschmackseigene und nicht ganz gesunde rotsaemige Palmoel)
·         Jegliche Art von Essen (aber mit dem obengenannten kommt man gut aus)
·         Schulbuecher und Stifte
·         Brot
·         Streichhoelzer
·         Toilettenpapier oder Taschentuecher (nur fuer uns Besucher, die darauf nicht verzichten koennen)
·         Wasser
·         Flip Flops (allgegenwaertiges Schuhwerk in Kamerun)
·         Jegliche Art von Kleidung

So, nun aber zu unserem eigentlichen Trip nach Mbio.
Also, Mbio ist Tambes village, das in der Manyu Division bevor der grossen Stadt Mamfe gelegen ist.
Wegen der durch die Regenzeit bedingten schlechten Strassenverhaeltnisse haben wir uns fuer eine sehr lange, aber besser ausgebaute Route ueber Bamenda entschieden, die uns mit 3 Stops zu unserem Ziel brachte. Mit dem Nachtbus ging es am Samstag von Buea knapp 8 Stunden nach Bamenda, am naechsten Tag mit einem Buschtaxi weiter 2,5 Stunden lang bis in die kleine Stadt Batchwo, wo wir dann unter stroemendem Regen auf einem Motorradtaxi eine Stunde lang durch Sumpf gefahren sind. Schoen dreckig und mit nassen Klamotten haben wir dann also unser Endziel namens Mbio erreicht, wo wir mit offenen Armen vom ganzen vielleicht dreissig koepfigen Dorf empfangen wurden, und jeder es ganz normal fand, wie unanstaendig wir nach der nicht ganz umstandslosen Fahrt aussahen.
Als ich dann endlich die Grossmutter meines Freundes erkannte und ihr allmaehlich klar wurde, dass der Gast, den ihr Enkel mitgebracht hatte seine feste Freundin war, da brach der ganze Jubel aus. Sie hat erstmal ein paar Freudentaenze um mich herum gemacht und mich so herzlich umarmt, dass ich schon nach den ersten paar Minuten fast das Gefuehl bekommen haette zur Familie zu gehoeren.
Die naechsten zwei Stunden verbrachten wir dann damit von Haus zu Haus, Lehmhuette zu Lehmhuette (ganz genau elf Stueck gibt es davon!) zu gehen, jedem Dorfeinwohner vorgestellt zu werden und Willkommengeschenke wie besondere village Eier, Guaven, Kokosnuesse und Buschmango in Empfang zu nehmen.
Nach einem herrlich von der Grossmutter zubereiteten Rice and Stew Dinner fielen wir dann auch schon uebermuedet von der elenlangen Fahrerei in die Betten.
Der naechste Morgen begann leider weniger erfreulich als der vorherige Tag geendet hatte, denn mir wurde die negative Seite des Villagelebens schlagartig bewusst, als ich zwei komplett angeschwollene und rotgepunktete Haende unter der Bettdecke hervorzog. Ich habe leider immernoch nicht herausbekommen was fuer gemeine Insekten mich da entstellt hatten, aber es war mir eine Lehre und trotz hoher Temperaturen lief ich von  nun an nur noch langaermlig herum.
Nach dem Fruehstueck haben Tambe und ich seine Grossmutter zur Farm hinter den Haeusern begleitet und eine Reihe neuer Gewaechse kennengelernt. Da waere zum Beispiel Egussi, eine bestimmte Art von Frucht, deren Kerne man zur Zubereitung eines weissen Purees verwendet (sehr teuer, da sich in jeder Frucht nur an die 5 solcher Kerne befinden). Dann wurden mir Vegetables (das ist hier nicht einfach Gemuese, sondern spinataehnliches Gruenkraut) jeglicher Form und Art, Cassava Knollen,  auch als Maniok bekannt, und Buschmango vorgefuehrt. Letzteres hat vor allem meine Aufmerksamkeit geweckt, da ich Mango so sehr liebe. Damit kann man es jedoch weder geschmacklich noch aeusserlich vergleichen, den es aehnelt eher einer Orange mit Mango Konsistenz innen, die aber nach Apfel schmeckt. Die Haupttaetigkeit des gesamten Dorfes waehrend der paar Tage, die ich dort verbracht habe, schien zu sein die gerade Frisch gereiften Buschmangos auszuschluerfen, sodass man die Kerne weiterverwenden kann, die dann fuer verschiedene Suppen benutzt werden koennen. Eine sehr spannende Prozedur.
Am allermeisten hat mir denke ich das Baden im Fluss gefallen. Der Fluss ist direkt an einem Wasserfall, sodass das Wasser immer schoen sauber war, obwohl die Einwohner ihre ganze dreckige Waesche dort regelmaessig waschen.

Ich wuerde mal behaupten, dass ich aus diesem letzten kleinen Trip doch am meisten gelernt habe. Nicht nur wie dieses oder jenes Essen an einer Feuerstelle zubereitet wird, wie man Kokosnuesse oder Kakaofruechte erntet, oder auf einer Farm arbeitet, nein viel mehr das Zwischenmenschliche hat mich beeindruckt und gelehrt. Wie die Alten hier mit den Juengeren und Kindern umgehen, wie ich dort empfangen wurde und wie jeder jedem hilft.
In Mbio ist man weit entfernt von unserem europaeischen Denkensansatz Wenn du dies fuer mich tust, mache ich jenes fuer dich oder wenn ich bei dir Profit machen kann, dann darfst du das und das von mir haben… das hat mir gut gefallen und mich zum Nachdenken gebracht.
Ich denke trotz meines nur kurzen Aufenthalts haben auch die Mbio Menschen einiges neues von mir gezeigt bekommen (und damit meine ich nicht nur, dass sie nach anfaenglicher Skepsis und argwoehnischer Beaeugung auf den Geschmack von Vollkornnudeln mit Alnatura Tomatensauce gekommen sind, bis das ganze Dorf angerannt kam und auch noch etwas abhaben wollte). Nein, ich meine eher die verschiedene Wahrnehmung und der ganz unterschiedliche Umgang mit dem Menschen und der Natur.

Ich bin die erste Weisse in Mbio gewesen, die nicht einfach nur Hallo gesagt hat und weiter gereist ist, sondern ein wenig mehr Zeit mit den Menschen dort verbracht hat, um sie auch wirklich kennenzulernen. Das hat zu viel Anerkennung sowie einem Eintrag an der Dorfhalle gefuehrt und mich geruehrt. Mbio wird wohl nicht mein letztes Mal gewesen sein!